Tatort Jamnitzer – Hintergrund und Bericht zu „Ein neues Gesicht für den Jamnitzer“ am 18.10

Hintergrund zur Umgestaltung des Platzes
In diesem Jahr will die Stadt Nürnberg die Umgestaltung des Jamnitzer Platzes planen. Die Bürgerbeteiligung, die die sozialdemokratische Stadtspitze hierfür ins Leben gerufen hat, wird ihren Namen nicht gerecht. Online soll der Schwerpunkt sein, nur auf deutsch die Texte. Dem Großteil der jetzigen NutzerInnen des Jamnitzer Platzes wird dieses Vorgehen nicht gerecht. Direktes Erfragen am Platz wäre notwendig wenn man die Bedürfnisse der tatsächlichen NutzerInnen erfahren will. Ein Schelm, wer Absicht vermutet? Bis jetzt haben wir mit der Veränderung des Platzes keine sonderlich guten Erfahrungen gemacht. Es waren nicht unsere Bedürfnisse als NutzerInnen, die umgesetzt wurden sondern die der Polizei und sicherheitsfanatischer AnwohnerInnen, wie das Entfernen der Seitenwände, der Hecken, mancher Sitzgelegenheiten und das Anbringen von grellem Licht. Zudem wurden etliche Verbote verhängt: für Hunde, Fahrräder, Trinken etc. Hinzu kommen so manche AnwohnerInnen, die hierher gezogen sind und sich jetzt über das Leben in einem rebellischen und lebendigen Stadtteil beschweren: zu laut, zu dreckig!

Jamnitzer – hier prallen die Widersprüche im Viertel aufeinander!
Rund um den Jamnitzer Platz zeigt sich wohl am deutlichsten die Verdrängung und Aufwertung in unserem Stadtteil: Lofts und Stadthäuschen sind die offensichtlichste Variante, aber auch Zäune, Ferienwohnungen und Sanierungen treiben unsere Mieten in der Folge immer weiter in die Höhe. Wenn EigentümerInnen und MaklerInnen für eine Wohnung in „ruhiger Lage am Jamnitzer Platz“ werben, ist das momentan schlicht gelogen. Wenn die Konsequenz dann aber ist, dass der Platz und seine NutzerInnen auf Investoren-freundlich getrimmt werden sollen – so lange bis die Anzeige dann eben doch stimmt – müssen wir sagen: stopp!

Die Stadt plante einen ersten „Aktionstag“ mitte Juli am Platz, Kinder- und Jugendbeteiligung an einem Nachmittag im Oktober und eine Begehung vor Ort mit anschließender Veranstaltung im Nachbarschaftshaus Gostenhof am 18.Oktober.2018. Die organisierte autonomie (oa) und die Initiative Mietenwahnsinn stoppen haben zu einem eigenem Rundgang und zur kritischer Begleitung unter PlatznutzerInnen aufgerufen.

Tatort Jamnitzer – Eine Geschichte der Verdrängung und Vertreibung rund um den Jamnitzerplatz
An dem Rungang der organisierten autonomie und der Initiative Mietenwahnsinn stoppen unter dem Motto „Tatort Jamnitzer – eine Geschichte der Verdrängung und Vertreibung rund um den Jamnitzer“ beteiligten sich zwischen 40 und 50 PlatznutzerInnen.

Bereits im Vorfeld wurden Schilder auf dem Platz aufgestellt, die durch die Stadt abmontierte Bänke, den stillgelegten Brunnen und die aus sicherheitspolitischen Gründen gestutzten, teils sogar entfernten Hecken, aufmerksam machten. Zudem hingen Transparente, die sich gegen Mietenwahnsinn, Sozialabbau und Entscheidungen auf den Jamnitzerplatz über die Köpfe der NutzerInnen hinweg, positionierten. Abgerundet wurde das Bild von Infotafeln, die das Ganze nochmal inhaltlich begleitete (Kann am 13.11 ab 16:00 Uhr am Jamnitzerplatz nochmals gesehen werden).

Im Rundgang wurde auf die Gentrifizierung Gostenhofs gerade rund um den Platz eingegangen. Stationen der Verdrängung wurden angelaufen, wie etwa ein ehemals von Roma bewohntes Haus, die teuerste Wohnung Nürnbergs – für 1 Million Euro inklusive Hundewaschanlage, aber auch verschiedene Gentrifizierer wurden wieder ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. (1, 2). Im Anschluss daran wurde auf dem Jamnitzer noch Musik gespielt.

Während sich VertreterInnen von SÖR (Service öffentlicher Raum), Quatiersmanegement und anderer städtischer Einrichtungen sowie in den Umbau Involvierte sammelten, gesellten sich zu ihnen einige GentrifiziererInnen und ImmobilienbesitzerInnen. Gekommen waren auch einige am Beteiligungsverfahren interessierte GostenhoferInnen. Auf Seiten der Initiative Mietenwahnsinn stoppen und der organisierten autonomie sammelten sich hingegen verschiedenste PlatznutzerInnen – von jung bis alt, unterschiedlicher Nationalitäten, mit und ohne Kinder. Dass eine so breite kritische Beteteiligung von der Stadt nicht vorgesehen war, zeigte sich allein schon daran, dass sie nicht einmal eine ausreichend starke Anlage zur Verfügung hatten.

„Ein neues Gesicht für den Jamnitzer“ – Veranstaltung zur Bürgerbeteiligung der städtischen Umstrukturierer

Im Anschluss daran fand die „Bürgerbeteiligung“ ihren Auftakt mit einer Veranstaltung im Nachbarschaftshaus Gostenhof. Vor dem Haus konnten die Infotafeln von Initiative Mietenwahnsinn stoppen und der organisierten autonomie zur Umstrukturierung des Platzes noch einmal angesehen werden. Im Rahmen der offenen Diskussion wuden von NutzerInnen verschiedene Punkte des Verfahrens bemängelt, wie zum Beispiel die Tatsache, dass ein Großteil der Anwesenden keine PlatznutzerInnen seien. Die Menschen, die den Platz tatsächlich regelmäßig nutzen seien nicht nur deutschsprachig und wären weder durch das verteilte Material der Stadt Nürnberg, noch durch eine Veranstaltung noch eine deutsch-sprachige Online-Beteiligung zu erreichen. Einige im Raum stellten in Frage, ob dies von der Stadt überhaupt erwünscht sei. Ein weiterer Kritikpunkt aus den Reihen der NutzerInnen war die Intransparenz des Verfahrens. Es sei nicht einsehbar, was am Schluss umgesetzt wird und was nicht (Mehrheitsentscheidung?). Selbst der Vorstand des Gostenhofer Bürgervereins merkte an, dass die Stimmen der NutzerInnen ein Mehrgewicht haben sollten, was so im Verfahrensablauf bisher nicht vorgesehen ist. Zudem wurde kritisiert, dass die Stadt den Platz über Jahre hinweg habe verwahrlosen lassen, um nun mit den selbst erzeugten Bildern für einen Umbau zu werben. Konkret wurde von einer breiten Mehrheit der Anwesenden eine öffentliche Toilette, die Wiederinbetriebnahme des Brunnens, mehr Sitzgelegenheiten und mehr grün gefordert. Große Themen waren auch die Polizeipräsenz/Kontrollen, die Verbotspolitik sowie die Ablehnung kommerzieller Einrichtungen am Jamnitzer Platz.

SÖR, Stadt und die mit der Moderation des Prozesses beauftragte Firma waren sichtlich überrascht über den großen Andrang und den kritischen Gegenwind.

Zurecht gebogen wurde dieser für die Stadt doch eher peinliche Aufschlag ihres Beteiligungsverfahrens durch den Nürnberger Nachrichten Korrespondenten „Jo Seuss“. Dieser feierte viele TeilnehmerInnen verschwieg dabei aber das die Mehrheit der PlatznutzerInnen sowohl auf dem Platz als auch in der Veranstaltung im Nachbarschaftshaus dem städtischen Plänen und Vorgehen äußerst skeptisch bis ablehnent gegenüberstanden. Die Führung „Tatort Jamnitzer“ verschweig er in seinem Artikel komplett. Den unübersehbaren Protest machte er so zu einem Randereigniss.

Durch diesen Protest konnten wir als NutzerInnen Druck aufbauen und Punkte setzen. Jetzt gilt es allerdings weiterhin für unsere Interessen und Bedürfnisse einzutreten und den Druck zu erhöhen. Keine Entscheidung über unsere Köpfe hinweg!

 

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