Wohnraum vergesellschaften! Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!
Seid solidarisch. Kommt zum Prozess am 02.05. im Amtsgericht Nürnberg.
Solidaritätskundgebung: 02.05., 7.45 Uhr vor dem Amtsgericht Nürnberg, Fürther Str. 110
oder besucht uns im offenen Stadtteilclub reclaim Gostenhof am Samstag 25.05. ab 19.00 Uhr im Stadtteil-Laden Schwarze Katze, Untere Seitenstr. 1 am Jamnitzer Platz
Bei den gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnissen ist nahezu alles sagbar, das Motto lautet: „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen.“ So fordern die Einen das Schießen auf unbewaffnete schutzsuchende Menschen an den Grenzen, Arbeitgeberverbände monieren offen, es werde nur noch über „soziale Wohltaten“ gesprochen, Finanzminister Scholz kann sich bei Milliarden an Steuergewinnen hinstellen und drohen, dass der Gürtel wieder enger geschnallt werden solle. Dass er damit sicherlich nicht seinen oder den der Arbeitgeberverbände meint, kennen wir aus unserem Alltag im Kapitalismus: Gewinne werden privatisiert, Verluste auf uns Lohnabhängige abgewälzt. Mit solchen Parolen soll immer wieder auf Krisen eingestimmt werden. Die Kosten der Krise von 2008 zahlen wir nach wie vor – auch in Form von steigenden Mieten.
Was passiert wenn eine Aktivistin auf einer Demonstration gegen Sozialabbau und Mietenwahnsinn eine Erklärung zitiert, in der zur Besetzung leer stehender Häuser aufgerufen wird? Richtig: hier tritt sofort die Polizei und sogar der Staatsschutz auf den Plan. Der Staatsschutz legt hier einen unbedingten Verfolgungswillen an den Tag, während unangemeldete Fackelmärsche von Nazis auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände von der Polizei hofiert werden. Und auch die Justiz lässt sich nicht lumpen: es findet sich eine Richterin, die sich dafür hergibt, einen Strafbefehl wegen eines angeblichem Aufrufs zu Straftaten über fast 2000€ zu unterschreiben. Dieser wurde von der Mietaktivistin natürlich angefochten. Der Tatvorwurf wird nun in einem Prozess am 02.05. vor dem Amtsgericht Nürnberg verhandelt.
Warum aber ist es auf der einen Seite völlig legitim und legal, das Erschießen von Menschen in Betracht zu ziehen, auf der anderen Seite aber nicht Lösungsvorschläge für die kapitalistische Wohnungskrise zu zitieren und diese laut auszusprechen? Konzerne und Banken haben das politische Geschehen fest in der Hand. Das Privateigentum ist die heilige Kuh, die vor allem die vielen Menschen ohne eigenes Kapital, niemals anrühren dürfen. Ein Haus in der Nürnberger Wodanstraße darf ungestraft mittlerweile 2 Jahrzehnte lang leer stehen. Die jungen Menschen allerdings, die es im Sommer vor zwei Jahren nutzbar machen wollten, Wohnraum schaffen und die Ladenfläche als Nachbarschaftscafe öffnen wollten, wurden als HausbesetzerInnen verfolgt. Ihnen wurde Hausfriedensbruch vorgeworfen, der nur deswegen vor Gericht keinen Bestand hatte, weil die EigentümerInnen sich so wenig für ihr Haus interessieren, dass sie nicht einmal zu Gerichtsterminen erschienen. Heute steht das Haus immer noch leer.
Tausende sind auf der Suche nach bezahlbaren Wohnraum und ganze Häuser werden leer stehen gelassen – aus Spekulationsgründen, aus Investitionsunwillen oder was auch immer. Sie müssen enteignet und vergesellschaftet werden! Selbst das wäre bei dem Leerstand in Nürnberg allerdings nur ein kleiner Tropfen auf dem brandheißen Pflaster des Wohnungsmarktes, aber es könnte eine griffige Sofortmaßnahme sein!
Darüber hinaus stellt sich die Frage, warum eine Mietaktivistin auf die Anklagebank gezerrt wird, während – die ehemalige GBW (jetzt dawonia) ihre MieterInnen ungestraft systematisch mit illegalen Mieterhöhungen und fragwürdigen Nebenkostenabrechnungen abzockt, während Konzerne wie die Vonovia mit Modernisierungen systematisch die Mieten in die Höhe treiben während die Deutsche Wohnen, die Teil des Kapitalriesen Blackrock ist, über die Blackrock- eigene Rating Agentur Moodys offensiv versucht, die Berliner Politik zu lenken und die Vergesellschaftung der Deutsche Wohnen Wohnungen so verhindern will.
Die Demo der organisierten autonomie und der Initiative Mietenwahnsinn stoppen im Juli 2018 unter dem Motto „Auf die Straße gegen Sozialabbau und Mietenwahnsinn! Einkommen rauf – Mieten runter! Kapitalismus abschaffen!“ thematisierte genau diese Zusammenhänge, rief zu Solidarität unter den MieterInnen auf und dazu, sich als MieterInnen zusammenzuschließen und sich zu organisieren um eine Gegenmacht gegen die Immobilienkonzerne und ihre Erfüllungsgehilfen in der bürgerlichen Politik und Verwaltung aufbauen zu können. Während der Demo wurden von anderen AktivistInnen ein paar Häuser symbolisch besetzt um auf deren Leerstand hinzuweisen. Die „Sektionbesetztwas“ ließ der Demonstration ein Grußwort zukommen, das dort verlesen wurde. In der Erklärung heißt es: „Wir wollen damit einerseits unserem Unmut über steigende Mieten und die kapitalistische Verwertungslogik Luft verschaffen. Zum anderen wollen wir Menschen ermutigen es uns gleich zu tun, Leerstand und Wohnraum in einem kollektiven Prozess zu besetzen. Wir wollen Menschen ermutigen von einer anderen Stadt zu träumen, einer Stadt von unten. (…) .Wir wollen eine Stadt, in der der Wohnraum jenen gehört, die ihn bewohnen. Eine Stadt, in der die Bevölkerung ihre Viertel und sozialen Räume selbst verwaltet. Wir wollen eine Stadt, die mehr Platz bietet für Kulturschaffende, Künstler*innen, Musiker*innen, usw. die sich nicht in den vorgedachten Bahnen dessen bewegen, was Kultur zu sein hat.Wir wollen eine widerständige Stadt, die sich an den Bedürfnissen ihrer Bewohner*innen orientiert und nicht am Geldbeutel der Vermieter*innen und Profiteure des Status Quo. Eine solche Stadt ist jedoch keine Selbstverständlichkeit. Eine solche Stadt muss erkämpft werden. Auch gegen die Gesetze der Eigentümer*innen, der Chefs und Bosse.Wir haben heute in einer symbolischen Aktion drei Häuser scheinbesetzt, um als Beispiele unter vielen anderen aufzuzeigen was hier falsch läuft. Wir haben drei Häuser scheinbesetzt, um unseren Unmut über die kapitalistische Eigentumsverhältnisse nach außen zu tragen. Und wir haben drei Häuser scheinbesetzt, um andere zu motivieren widerständig zu sein, Türen einzutreten, Schlösser aufzubohren und sich Räume (…) anzueignen.“
Ja, das macht ImmobilienspekulantInnen und InvestorInnen Angst. Und das ist auch gut so! Denn das ist ein Witz gegen die Angst von zehntausenden Menschen, die Angst haben, ihre Wohnung bald nicht mehr bezahlen zu können, die Angst haben, raus geworfen zu werden und nichts neues zu finden, die so einen hohen Teil ihres Einkommens für die Miete zahlen müssen, dass sie am Ende des Monats kaum mehr über die Runden kommen.
Und so sagen wir laut und deutlich – ob legal oder nicht: Wohnraum muss für alle da sein! Wenn das nicht so ist, dann müssen wir ihn uns erkämpfen! Wenn Gesetze nur die EigentümerInnen schützen dann müssen wir eben selber ran! Leerstand enteignen und besetzen! Für eine starke MieterInnenbewegung, die ihre Interessen selbstbestimmt und selbstbewusst auf die Agenda setzt und InvestorInneninteressen eine klare Absage erteilt.
Seid solidarisch. Kommt zum Prozess am 02.05. im Amtsgericht Nürnberg.
Solidaritätskundgebung: 02.05., 7.45 Uhr vor dem Amtsgericht Nürnberg, Fürther Str. 110
oder besucht uns im offenen Stadtteilclub reclaim Gostenhof am Samstag 25.05. ab 19.00 Uhr im Stadtteil-Laden Schwarze Katze, Untere Seitenstr. 1 am Jamnitzer Platz