Was ist da los in Neuselsbrunn? – Ein Bericht

Seit Monaten machen sie mobil: EigentümerInnen und MieterInnen aus Neuselsbrunn lassen sich vom Immobilienhai vonovia nichts gefallen und zwingen so auch die Stadt und sogar den Freistaat sich zu ihnen zu verhalten. Kundgebungen an Weihnachten, vor dem Rathaus, bei Söder und am vergangenen Freitag eine Demonstration mit rund 120 Leuten bei der vonovia Geschäftsstelle im Nürnberger Südwestpark, bei der auch die Initiative Mietenwahnsinn stoppen mit von der Partie war: der Aktivismus der Betroffenen findet zumindest in der Berichterstattung und den öffentlichen Bekundungen beachtliche Niederschlag.

Doch was ist eigentlich passiert in der Wohnsiedlung gegenüber des Nürnberger Messezentrums?

Nun, die vonovia als Hausverwaltung meinte plötzlich, dass das Fassadenmaterial der 5 betroffenen Hochhäuser brennbar wäre und somit umgehend entfernt werden müsste. Rückhalt bekam der Immobilienhai von der Stadt Nürnberg. Als die MieterInnen und EigentümerInnen sich jedoch weigerten, das hinzunehmen und sich auch von Räumungsandrohungen durch den sozialdemokratischen Baureferenten Ulrich nicht einschüchtern ließen, begann die vonovia quasi über Nacht mit den Abriss-Arbeiten – mitten im Winter! Ein Gutachten gab es ewig lang nicht – zumindest nicht von der vonovia – nur ein Prüfbericht lag vor. Ein Gutachten der EigentümerInnen und MieterInnen hingegen attestierte dem Fassadenmaterial keine erhöhte Brennbarkeit. Besonders ärgerlich für die BewohnerInnen: in den 90ern hat die Stadt die Sanierung der Häuser abgesegnet – auch unter Brandschutzaspekten. Heute stellt sich die Stadtspitze nicht nur hinter sondern neben den Immobilienmogul und demonstriert Einigkeit: mit einem gemeinsamen Schreiben wurden die BewohnerInnen zu einer Bürgerversammlung geladen. Es wird nicht einmal mehr ein Grund gesehen, solche Verflechtungen von Politik und Privatwirtschaft zu verschleiern. Da wundert es auch nicht, dass sich die Stadt Nürnberg bereits beim Kampf um den Spenglerhof hier im Stadtteil brav beifuß an der Seite des berüchtigten Konzerns stand (Hier, hier und hier).

Durch das mediale Echo wird die Stadt ein wenig leiser: man wolle den BewohnerInnen helfen, ihnen Kredite vermitteln. Auch darüber entlud sich heute auf der Demo der Ärger der NeuselsbrunnerInnen. Sie wollen der vonovia nicht noch mehr Geld in den Rachen werfen, sie wollen nicht für eine unnötige Fassadensanierung zahlen, nicht Hunderttausende ausgeben, für einen Gutachter, der ewig kein Gutachten erstellt, nicht für einen Security Service, der völlig unsinnigerweise aufgestellt wurde, etc. All das hat die vonovia jedoch ohne sich das genehmigen zu lassen, von den Hausrücklagen genommen – wie die BewohnerInnen sagen – geklaut! Zudem klagen sie über Schimmel und über die autoritäre Gutsherrenart der vonovia Treuhand. Kreativ in ihrem Protest wissen sie aber genau, an welche Adressen sie sich zu wenden haben und wie sie Druck aufbauen können. Alle, mit denen wir auf der Demo geredet haben, betonten die Notwendigkeit, zusammen zu stehen. So schlimm das alles sei, immerhin würde man durch diese Situation mal zusammen rücken, meinte eine Demonstrantin.

Einig sind sich die OrganisatorInnen der Demo auch über die Zielsetzung der vonovia: sie wollen die Leute raus ekeln um mit dem Gelände, das direkt gegenüber des Messezentrums und in unmittelbarer Nähe zu der neu geplanten Nürnberger Universität kontinuierlich mehr Rendite zu machen als bisher schon. Aber diesem Vorhaben haben die NeuselsbrunnerInnen mit ihrem Kampfgeist einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Denn wenn wir es überall schaffen, Konzerne wie die vonovia gemeinsam und solidarisch als MieterInnen und in diesem Falle auch als BesitzerInnen anzugehen, verhageln wir ihnen die Option auf schnelle Profite und dem Geschäft mit unserem Wohnraum zunehmend. Auch wird es in Zukunft wichtig sein, die Machenschaften der Stadt Nürnberg mit diesem und anderen Immobilienhaien zu entlarven und anzugreifen. Wir als Initiative Mietenwahnsinn werden weiterhin über die Kämpfe der NeuselsbrunnerInne berichten und an ihrer Seite stehen.

 

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