Keine Verdrängung in Gostenhof?
„Initiative Mietenwahnsinn stoppen“ fordert Richtigstellung
In den Nürnberger Nachrichten vom 18.06. wird in dem Bericht von Herr Andreas Franke über die Diskussionsveranstaltung an der FAU Nürnberg suggeriert, die Diskussion hätte ergeben, dass es keine Verdrängung und Gentrifizierung in Gostenhof gäbe. Die „Initiative Mietenwahnsinn stoppen“ kann sich nicht erklären, wie Herr Franke zu diesem Fazit kommt, da der geladene Experte, Herr Dr. Thomas Dörfler von der Universität Bayreuth in seinem Schlusswort zu einem anderen Ergebnis kam.
StudentInnen des Seminars „Gentrifizierung in Gostenhof?“ des Fachbereichs Kulturgeographie veranstalteten eine Podiumsdiskussion zu selbigen Thema. Erschienen waren neben Herr Müller der Gostenhofer Grünen, Herr Amenedeo der Gostenhofer SPD, sowie Herr Eljojo der islamischen Gemeinde, Frau Leicht von „Leicht-Immobilien“ und Alexandra Winter von der „Initiative Mietenwahnsinn stoppen“. Herr Dr. Dörfler sprach als Experte einleitende Worte. Er referierte allgemein zum Thema Stadtentwicklung und bezog vorerst keine Stellung zum diskutierten Thema. Weder der Akademiker Amenedano, noch der Jobcenter-Mitarbeiter Müller, Herr Eljojo oder die Immobilienmaklerin Leicht kennen Leute, die von steigenden Mieten verdrängt wurden. Aus dem Publikum heraus, dem viele Gostenhofer beiwohnten, gab es über solche Aussagen Unmut, da vor allem die Politiker letztlich die Linie der Stadt Nürnberg bestätigten, die von Verdrängung nicht sprechen möchte.
Die unterschiedlichen Menschen im Publikum griffen in ihren Wortbeiträgen die fehlenden Zahlen der Stadt Nürnberg auf und kritisierten, dass Gentrifizierung geleugnet wird, ohne Zahlen hierfür vorweisen zu können und solche der Immobilienportale zu ignorieren. Auch auf die Umfrage im Jahr 2014 wurde sich bezogen, die in Augen von Herr Müller suggestiv sei, die jedoch laut eines Diskutanten die Meinung von über 1000 GostenhoferInnen widerspiegelt, was weitaus mehr sei, als die Stadt vorzuweisen habe. Die viel diskutierten Graffittis im Viertel kamen auch kurz zur Sprache. Als Resümee all dieser Wortbeiträge und den geführten Debatten zog Dr. Dörfler letzten Endes das Fazit, dass es sich in Gostenhof definitiv um Gentrifizierung handle.
„Daher sind wir über die Überschrift und den Artikel an sich verwundert“, meint Alexandra Winter, Pressesprecherin der Initiative. Und weiter: „Wir fragen uns, ob Herr Franke vielleicht früher gegangen ist oder aus welchem anderen Grund dieser Artikel die Differenziertheit vorangegangener Artikel der NN vermissen lässt.Viele Menschen hier im Stadtteil sind wütend darüber, dass ihnen das, was sie am eigenen Leib erleben, gänzlich abgesprochen wird. Wieder musste man sich von Seiten der Politiker und von Profiteuren wie der Maklerin Frau Leicht an dieser Veranstaltung anhören, dass das alles nur gefühlt sei, sie niemanden kennen, der verdrängt wurde oder wird. Bilden wir uns den Wegzug unserer NachbarInnen ein? Unsere rasant steigenden Mieten? Die zunehmende Kontrolle in unseren Parks? Es wundert uns nicht, dass Immobilienmakler, Jobcenter Mitarbeiter und Akademiker keine Menschen in ihrem Umfeld haben, die sich die hohen Mieten nicht leisten können. Auf dem Podium waren fast ausschließlich Menschen mit hohem Einkommen vertreten. In Gostenhof wohnen jedoch (noch) viele prekär Arbeitende, Arbeitslose und andere Menschen mit wenig Einkommen. Man kann bei der Besetzung des Podium also nicht gerade von einer repräsentativen Abbildung des Viertels sprechen. Es ist zynisch, wenn die Gutverdiener, die von der Gentrifizierung profitieren zu dem Schluss kommen, dass alles in bester Ordnung sei und es keine Verdrängung gäbe. Wir fordern hinsichtlich des Ausgangs der Debatte eine Richtigstellung von Seiten der Nürnberger Nachrichten.“